Arbeit an der Nähanleitung |
Müde strecke ich meinen Rücken durch. Den ganzen Tag sass
ich an der Nähmaschine, um daran herumzufeilen, wie man den Nähprozess des
MilaMai® noch etwas schneller und reibungsloser hinbekommt – um Zeit zu sparen.
Denn der MilaMai® wirft noch zu knapp Marge ab.
Immer dieses Geld, denke ich missmutig. Es würde so viel
mehr Spass machen, wenn man nicht so sehr um Minimierung jeder
Produktionsminute kämpfen müsste, um möglichst günstige Herstellungskosten zu erreichen.
Dabei habe ich es mir selbst eingebrockt. Schliesslich war
ich die, die unbedingt eine Schneiderei führen wollte – und nicht einen
Vertrieb, der im Ausland nähen lässt und hier nur verkauft. Obwohl das vermutlich zu günstigeren Produkten und mehr Gewinn geführt hätte.
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Der Kochlöffel hilft beim Stopfen der MilaMai®-Hüftgurte |
Was ich wollte, war eben nicht die grosse Gewinnspanne.
Ich wollte doch genau dieses Leben: Eine Firma in der Schweiz, mit ein
paar Mitarbeiterinnen, mit denen ich mich ausserordentlich gut verstehe, mit denen
das Arbeiten so viel Freude macht. Ich wollte es Frauen, die genauso gerne
nähen wie ich selbst, ermöglichen, einen ganz tollen Job zu haben und richtig
viel Spass an ihrer Arbeit zu erleben. Genauso wie ich es habe, wenn ich wieder zum unbeschwerten Nähen eines MilaMai ohne Optimierungs-Druck im
Hinterkopf komme. Ich wollte Arbeitsplätze für Mamas schaffen, hier vor Ort,
hier in der Schweiz. Damit Frauen (übrigens würde ich sehr gerne auch Männer
einstellen, daran liegt es nicht, aber bisher hat sich keiner dafür
interessiert…) mit ihren Kindern zu Hause nähen können, ihre Zeit frei
einteilen können etc. Ich wollte Kreativität, Unikate, Gestaltung und den
Kundinnen die Möglichkeit geben, ihr ganz eigenes Design kreieren zu können.
Was schwierig wäre, wenn die Produktion in einem anderen Land sitzen würde.
Ich wollte das, obwohl ich wusste, dass bei einem fairen
Schweizer Stundenlohn ein hoher Endpreis und trotzdem noch nicht allzu viel
Gewinnspanne möglich ist. Es muss doch irgendwie gehen, dachte ich, und suchte mit Hilfe meines Teams immer wieder nach neuen Möglichkeiten. Und wir fanden sie auch.

Dann ging die Nachfrage nach unseren Produkten wieder etwas
zurück. Und plötzlich hatten wir viele Babytragen an Lager. Für deren
Produktion trotzdem Lohn bezahlt werden wollte, und deren Lagerplatz auch Miete
kostete.
Oder eine Mitarbeiterin wurde krank. Die ersten zwei Monate
Lohnfortzahlung gehen auf Kappe des Arbeitgebers. Da wird nichts vom Staat oder
von Versicherungen unterstützt. Der Ausfall muss mit der Fixkostenbeteiligung eines
jeden Produktes aufgefangen werden. Es können auch drei Mitarbeiterinnen
gleichzeitig krank werden… das ist alles schon vorgekommen.
Immer wieder gab es Phasen, in denen es mir zum Rätsel
wurde, wie man dieses oder jenes Problem löst. Es braucht schon viel
Kreativität und Flexibilität, immer wieder neues Umdenken und Nachdenken, um
dieses kleine Schweizer Unternehmen, welches im Textilbereich so harter
Konkurrenz ausgesetzt ist, über die Runden zu bringen.
Meistens sind es gerade die harten Zeiten, wenn es richtig
viel Nachdenken braucht, die zu ganz neuen Lösungen und wirklich wegweisenden Ideen und Schritten geführt haben. Vielleicht wäre ich ohne diesen Druck
manchmal einfach zu bequem gewesen, Neues zu erproben und entwickeln und Dinge
auszuprobieren, die sich später richtig toll bewährt haben. Dieser Weg ist herausfordernd,
aber oft auch richtig spannend!
Aber es müssen hier und da noch ein paar Minuten eingespart
werden. Vielleicht beim Verpacken der Materialien für die Mitarbeiterinnen?
Oder doch noch beim Zuschnitt? Hmmm, den Zuschnitt, den muss ich mir für alle
Modelle mal nochmals richtig genau durch den Kopf gehen lassen… aber zuerst gehe
ich mal weiter an meinem MilaMai Nähprozess tüfteln! Bis ein andermal! :-)
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